Performieren und Inszenieren

Performieren und Inszenieren

Bei diesen Strategien stehen Handlungen im Mittelpunkt sowie auch Sprache, die für Handlungen statt Beschreibungen genutzt wird. Wir nehmen im Alltag ständig Rollen ein und inszenieren uns, je nach dem sozialen Rahmen, der uns gerade umgibt. Das bedeutet nicht, dass wir uns die ganze Zeit verstellen, doch unter anderen Menschen müssen wir uns irgendwie darstellen und dabei in gewisser Weise angepasst sein. „Inszenierungen sind […] sinnlich absichtsvoll vollzogene Prozesse, die […] auf eine bestimmte Art und Weise präsentiert [werden], ob für ein imaginäres oder ein tatsächliches Publikum“ (ebd., 164). Sie weichen von Alltäglichem ab, indem sie überzeichnen und ungewohnte Verbindungen von Kontexten schaffen. Die Alltagsmuster des Publikums werden durch eine andere Darstellung oder Kombination von Gewohntem irritiert, und wie auch bei den zuvor vorgestellten Strategien werden so die Muster neu wahrgenommen und reflektiert und neue Musterbildungen angetrieben. (Kolhoff-Kahl 2009, 163-165)

Martin Seel bezeichnet künstlerische Inszenierungen als „präsentierte Präsenz“ (Seel 2001, 60 in zit. in ebd. 165), da sie darauf abzielen, uns das Gegenwärtige, für das wir wegen seiner Alltäglichkeit blind geworden sind, auf eine ungewohnte, übersteigerte Weise zu präsentieren, um sie uns wieder neu bewusst zu machen. ‚Das Normale‘ wird folglich insofern verändert, dass es noch als solches erkennbar bleibt aber nicht mehr in die gewohnten Muster passt. Künstlerische Performances beziehen sich vor allem auf den Körper und mit ihm verbundene Handlungen, Ideale, sowie raum-zeitliche Kontexte und verschieben diese zu neuen Mustern. Sie setzten sich mit dem auseinander, was bewusst oder unbewusst übersehen und ungetan bleibt und überlassen dem Betrachter die Interpretation und in wie weit er sich auf diese Anstöße einlässt. Im Idealfall erfahren beide Seiten neue Musterbildungen: Der Akteur durch die veränderten Körpererfahrungen, die er bei seiner Performance erlebt und das Publikum, indem es auf seine blinden Flecke und die alltäglichen ungenutzten Handlungsmöglichkeiten aufmerksam und empfänglich wird. (Kolhoff-Kahl 2009, 165-170)

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