Und dann hat der Lehrer gesagt…

Und dann hat der Lehrer gesagt…

Jetzt, da ich immer mehr darüber erfahre, was ein Mensch braucht, um kreativ zu sein und wie man ihn am besten dabei unterstützt, muss ich öfters an den Kunstunterricht damals an meiner Schule denken. Betrachten wir ihn doch einmal neu unter dem Wissen aus dem Seminar…

Auch wenn wir im Kunstunterricht die meiste Zeit mit malen, zeichnen, töpfern und später in der Oberstufe zudem viel Theorie verbracht haben, fallen mir einige interessante andere Techniken ein, die behandelt wurden: z.B. Weben, Siebdruck, Collagen, oder das Entwerfen von Brettspielen oder Kleidung. Dabei lernten wir neben Wasserfarben und Buntstiften auch den Umgang mit Holz, Linoleum, Kohle und Kreide, Tusche, sowie Fäden und Stoffen. Wir lernten etwas über die Kunstepochen, Zeichenstrategien wie Lichtreflexionen und Schatten, und auch Installation und Performance, auch wenn hier alles sehr theoretisch blieb und wir nicht selbst ausprobieren durften, wohl weil es zu zeit- und kostenintensiv gewesen wäre. Vor allem an Themen wie Abstraktion, Metamorphose oder die Gefühle durch Kunst auszudrücken und ‚neue Wirklichkeiten‘ zu schaffen, kann ich mich nicht erinnern, wobei das doch ist, was das künstlerische Handeln ausmacht.

Denke ich an meinen Grundschul-Kunstunterricht, denke ich an Wachsmalstifte und Wasserfarben, mit denen wir mal selbstständig arbeiten und mal Werke von Künstlern wie Hundertwasser und Franz Marc nachmalen sollten. Besonders gut erinnere ich mich an eine Szene, als unsere Mathelehrerin nach der Kunststunde unsere frisch im Klassenzimmer aufgehängten Werke betrachtete (alles kleine Kopien eines Selbstportraits von Böckstiegel), auf ein Bild deutete und sagte:

„Das hier ist aber gut geworden! Das sieht ja aus, wie das Original! Von wem ist das?“ – „Von David“ – „Klasse, David, du hast echt Potential zum Künstler!“

Natürlich geht es hier um eine Mathelehrerin, doch diese Denkweise, ein Bild sei dann gelungen, wenn es die Vorlage am besten trifft, fand sich ebenso bei meiner Kunstlehrerin in der gymnasialen Oberstufe. Sätze wie „Guck mal, wie deine Nachbarin das macht, bei ihr gefällt mir das schon gut!“ oder „Ja, das ist schon gut, aber das hier stimmt noch nicht so ganz. Warte, ich zeichne dir mal ein, wie ich das meine“ waren keine Seltenheit. Auf diese Weise wurde Schülern nicht nur eingeredet, sie seien in diesem Fach untauglich, sie verloren auch die Motivation, es selbst zu versuchen, sodass sie sich absichtlich ungeschickt anstellten, damit die Lehrerin ihnen zu einem ‚guten‘ Ergebnis verhalf, ohne dass sie selbst viel tun mussten und dennoch eine halbwegs gute Note erzielten.

Fazit: Uns wurde zwar ein breites Spektrum an Wissen und Techniken beigebracht, das einige sicher auch zu Kreativität angeregt hat, aber im Großen und Ganzen wurde stark an die immergleichen Grundstrategien festgehalten und uns wenig Freiraum für eigene Interessen und Interpretationen geboten. Es sollte mehr Lehrer geben, wie ich aus der 10. Klasse kenne, die sagen: „Ist doch egal, was dabei rauskommt! Sucht euch eine Figur, seht sie genau an, macht die Augen zu und malt ganz nach Gefühl, was ihr gesehen habt!“

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