Alltagsästhetisch-biografische Muster-Bildungen

Alltagsästhetisch-biografische Muster-Bildungen

Neben dem Körper hat besonders in westlichen Kulturen Kleidung einen hohen Stellenwert für die alltagsästhetisch-biografischen Muster-Bildungen, da wir sie von Geburt an wie eine „zweite Haut“ (ebd., 63) tragen und lernen, uns an die alltäglichen Kleidungsregeln anzupassen, bis sie sich als Körper-Kleid-Muster in unser autobiografisches Gedächtnis einschreiben. Dabei spielen die gerade vorherrschenden Körper- und Modebilder und die eigenen Entscheidungen eine große Rolle und verändern unsere Ich-Konstruktionen, indem sie ein „Gipfelglück“ (Billmayer 2005, 10 zit. in ebd., 13), sprich eine kreative neue Idee oder einen „Tunnelblick“ (ebd.) hervorrufen. Solch ein Tunnelblick entsteht vor allem dort, wo Gruppenzwang, strenge Kleidungsregeln und ein klares Schwarz-Weiß- bzw. Wir-Ihr-Denken herrschen, was schnell zu Rassismus führen kann. (vgl. Kolhoff-Kahl 2009, 63-64)

Wir wissen genau, was in unserem kulturellen Kontext von uns erwartet wird und versuchen, unser Ich daran anzupassen, aber uns selbst dabei treu zu bleiben. In manchen Gesellschaften herrschen klare Regelungen, wie man zu sein und sich zu verhalten hat, wohingegen in westlichen Kulturen weniger erwartet wird, dass jeder immer derselbe in Bezug auf Interessen, Lebensstil und Beruf bleibt, sondern erlauben, sich selbst immer wieder neu zu erfinden. Je mehr einem Menschen diese Freiheiten gestattet werden, desto verschiedener sind die Rollen, die er je nach sozialem Umfeld oder Betätigung einnehmen kann und desto vielfältiger kann er sich selbst konstruieren. Hierfür ist zum einen der Körper ein wichtiges Mittel, da wir ihn brauchen, um mit der Umwelt zu interagieren und uns in ihr zu definieren, doch auch unsere Umwelt, die unsere Muster beeinflusst, ist hierfür ausschlaggebend. Identitätsbildung benötigt zwar zum einen die „Zustimmung der anderen zu seinen Entwürfen und Konstruktionen“ (Keupp 2006, 27 zit. in ebd.) zum anderen jedoch auch ständiges aktives Gestalten. Wird ein Mensch nur dazu erzogen, dem Willen und den Ansichten des Erziehenden zu folgen, wird er sich selbst entfremdet und konstruiert sein Inneres, eigentliches Ich nicht mehr selbst, sondern lediglich durch Anpassung an die Erwartungen anderer. Es geht darum, seine eigene Rolle in diesem Konstruktionsprozess wahrzunehmen und zu erkennen, dass alles und auch man selbst anders sein könnte und die Anzahl der alternativen Möglichkeiten steigt, wenn man seine Muster und den „von außen und innen gesetzten Handlungsrahmen“ (Kolhoff-Kahl 2009, 68) lockert. (vgl. Kolhoff-Kahl 2009, 64-69)

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